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BAG, Ur­teil vom 24.10.2013, 6 AZR 466/12

   
Schlagworte: Insolvenz des Arbeitgebers, Insolvenzanfechtung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 466/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 24.10.2013
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Nürnberg, Endurteil vom 13.4.2011 - 7 Ca 5449/10
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 30.4.2012 - 7 Sa 557/11
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

6 AZR 466/12
7 Sa 557/11
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Nürn­berg

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

24. Ok­to­ber 2013

UR­TEIL

Gaßmann, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­ter, Wi­derkläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Kläge­rin, Wi­der­be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 24. Ok­to­ber 2013 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner und den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krum­bie­gel so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Au­gat und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Pe­ter für Recht er­kannt:



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1. Auf die Re­vi­si­on des Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nürn­berg vom 30. April 2012 - 7 Sa 557/11 - auf­ge­ho­ben.

2. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung, auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on, an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um ei­nen Rück­for­de­rungs­an­spruch des be­klag­ten In­sol­venz­ver­wal­ters bezüglich Ar­beits­vergütung, wel­che die Kläge­rin mit­tels Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men er­langt hat.


Die Kläge­rin war seit 1983 bei der Fir­ma A GmbH + Co. KG (im Fol­gen­den: Schuld­ne­rin) als Ein­le­ge­rin beschäftigt. Der Ar­beits­ver­trag vom 13. Sep­tem­ber 1983 nimmt Be­zug auf die Be­stim­mun­gen des „Man­tel­ta­rif­ver­tra­ges für die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der baye­ri­schen Me­tall­in­dus­trie“.


Die Schuld­ne­rin leis­te­te an die Kläge­rin zunächst kei­ne Vergütung für die Mo­na­te No­vem­ber und De­zem­ber 2006. Die Kläge­rin er­hob des­we­gen Zah­lungs­kla­gen. Bezüglich der Vergütung für No­vem­ber 2006 ver­pflich­te­te sich die Schuld­ne­rin im Rah­men ei­nes ge­richt­li­chen Ver­gleichs vom 16. Ja­nu­ar 2007, an die Kläge­rin 2.321,65 Eu­ro brut­to ent­spre­chend 1.024,29 Eu­ro net­to zuzüglich 40,00 Eu­ro als vermögens­wirk­sa­me Leis­tun­gen (VWL) zum 2. Fe­bru­ar 2007 zu be­zah­len. Bezüglich der Vergütung für De­zem­ber 2006 wur­de am 9. Fe­bru­ar 2007 ein ähn­li­cher ge­richt­li­cher Ver­gleich ge­schlos­sen. Dar­in wur­de ei­ne Zah­lungs­ver­pflich­tung der Schuld­ne­rin iHv. 1.665,67 Eu­ro brut­to ent­spre­chend 782,08 Eu­ro net­to zuzüglich 40,00 Eu­ro VWL zum 23. Fe­bru­ar 2007 ver­ein­bart. Die Kläge­rin be­trieb aus bei­den Ver­glei­chen die Zwangs­voll­stre­ckung im We­ge der For­de­rungspfändung. Das Kon­to der Schuld­ne­rin wur­de am
 


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2. März 2007 iHv. 1.121,07 Eu­ro und am 19. März 2007 iHv. 870,61 Eu­ro, dh. mit ins­ge­samt 1.991,68 Eu­ro be­las­tet. Nach Dar­stel­lung des Be­klag­ten la­gen den Zah­lun­gen Vorpfändun­gen vom 21. Fe­bru­ar 2007 und 12. März 2007 ge­genüber dem kon­toführen­den Kre­dit­in­sti­tut zu­grun­de.

Am 10. Mai 2007 be­an­trag­te der Geschäftsführer der Schuld­ne­rin die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens. Mit Be­schluss des In­sol­venz­ge­richts vom 1. Ju­li 2007 wur­de an die­sem Tag das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Schuld­ne­rin eröff­net und der Be­klag­te zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt.

Mit Schrei­ben vom 16. Ju­li 2007 kündig­te der Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis mit der Kläge­rin zum 31. Ok­to­ber 2007.

Un­ter dem 23. April 2010 mach­te der Be­klag­te die Rück­zah­lung der für No­vem­ber und De­zem­ber 2006 ge­leis­te­ten Vergütung we­gen In­sol­venz­an­fech­tung gel­tend. Die Kläge­rin lehn­te die­se ab und er­hob ei­ne Kla­ge mit dem Be­gehr fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te kei­nen An­spruch auf die ver­lang­te Rück­zah­lung ha­be. Dar­auf­hin er­hob der Be­klag­te Wi­der­kla­ge mit dem An­trag, die Kläge­rin zur Rück­zah­lung der ab­ge­buch­ten 1.991,68 Eu­ro zuzüglich Zin­sen zu ver­ur­tei­len. In der Fol­ge nahm die Kläge­rin ih­ren Kla­ge­an­trag zurück. Folg­lich strei­ten die Par­tei­en nur noch im Rah­men der Wi­der­kla­ge.


Der Be­klag­te hat zu de­ren Be­gründung an­geführt, dass es sich bei den für No­vem­ber und De­zem­ber 2006 er­folg­ten Vergütungs­zah­lun­gen um in­kon­gru­en­te De­ckun­gen iSd. § 131 Abs. 1 In­sO hand­le, da die­se im We­ge der Zwangs­voll­stre­ckung er­bracht wur­den. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO sei­en hin­sicht­lich der Gläubi­ger­be­nach­tei­li­gung und des zeit­li­chen Ab­laufs erfüllt. So­wohl zu den Zeit­punk­ten der Zu­stel­lun­gen der Zah­lungs­ver­bo­te an die Dritt­schuld­ne­rin als auch zu den Zeit­punk­ten der Leis­tun­gen an die Kläge­rin sei die Schuld­ne­rin zah­lungs­unfähig ge­we­sen.


Der Be­klag­te hat da­her im We­ge der Wi­der­kla­ge be­an­tragt, 

die Kläge­rin zu ver­ur­tei­len, an den Be­klag­ten als In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der A GmbH + Co. KG 1.991,68 Eu­ro zuzüglich Zin­sen hier­aus iHv. fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 1. Ju­li 2007 zu zah­len.
 


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Die Kläge­rin hat ih­ren An­trag auf Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge da­mit be­gründet, dass der An­fech­tungs­tat­be­stand des § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO nicht be­ste­he. § 131 In­sO sei nicht an­wend­bar, da es sich bei den Lohn­zah­lun­gen um Bar­geschäfte gemäß § 142 In­sO ge­han­delt ha­be. Es sei auch kei­ne Be­nach­tei­li­gung von In­sol­venzgläubi­gern ge­ge­ben, da im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren Mas­seun­zuläng­lich­keit be­ste­he. Im Übri­gen lie­ge kei­ne in­kon­gru­en­te De­ckung vor. Un­strei­tig hätten ihr die für No­vem­ber und De­zem­ber 2006 ge­leis­te­ten Lohn­zah­lun­gen zu­ge­stan­den. Der auf ei­ne Geld­zah­lung ge­rich­te­te Lohn­an­spruch sei mit Geld erfüllt wor­den, auch wenn die Zah­lun­gen im Rah­men von Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men er­folgt sei­en. Das Ver­trau­en in die Be­stands­kraft staat­li­cher Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men sei be­son­ders schutzwürdig. Die An­fecht­bar­keit von Leis­tun­gen im Rah­men von Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren stünde im Wi­der­spruch zu den Re­ge­lun­gen der In­sol­venz­ord­nung, wel­che die Zwangs­voll­stre­ckung vor und nach der Ver­fah­ren­seröff­nung be­tref­fen (§§ 88, 89, 21 Abs. 2 Nr. 3 In­sO). Zu­dem sei die Schuld­ne­rin im Zah­lungs­zeit­punkt nicht zah­lungs­unfähig ge­we­sen. Es ha­be sich al­len­falls um Zah­lungs­sto­ckun­gen ge­han­delt. Et­wai­ge Rück­for­de­rungs­ansprüche sei­en außer­dem nach den Vor­ga­ben des Man­tel­ta­rif­ver­trags für die Ar­beit­neh­mer der baye­ri­schen Me­tall-und Elek­tro­in­dus­trie ver­fal­len. Die ta­rif­ver­trag­li­che Aus­schluss­frist er­fas­se auch den Rück­for­de­rungs­an­spruch des In­sol­venz­ver­wal­ters.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Wi­der­kla­ge statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin hin hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Be­klag­te sein Kla­ge­be­geh­ren wei­ter.



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Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Un­recht an­ge­nom­men, dass der Rück­for­de­rungs­an­spruch gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 In­sO ei­ner ta­rif­li­chen Aus­schluss­frist un­terfällt. Fer­ner hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­haft das Vor­lie­gen ei­ner in­kon­gru­en­ten De­ckung iSd. § 131 Abs. 1 In­sO ver­neint. Die Ent­schei­dung stellt sich nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig dar. Ob der in Be­tracht kom­men­de An­fech­tungs­tat­be­stand des § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO vor­liegt, kann der Se­nat nicht selbst ent­schei­den. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat dies­bezüglich kei­ne hin­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Die Sa­che war folg­lich zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


I. Ein et­wai­ger Rück­for­de­rungs­an­spruch des Be­klag­ten gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 In­sO ist nicht we­gen Versäum­ung ei­ner ta­rif­ver­trag­li­chen Aus­schluss­frist ver­fal­len. Es fehlt an der ent­spre­chen­den Re­ge­lungs­macht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en.


1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt geht von der An­wend­bar­keit des je­weils gülti­gen Man­tel­ta­rif­ver­trags für die Ar­beit­neh­mer der baye­ri­schen Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie aus. Hier­ge­gen hat der Be­klag­te kei­ne Rüge er­ho­ben. In Be­tracht kommt die An­wen­dung von § 28 Ziff. 3 Abs. 2, Abs. 1 Buchst. b des Man­tel­ta­rif­ver­trags für die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der baye­ri­schen Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie vom 1. De­zem­ber 1973 in der Fas­sung vom 24. Mai 2002. Dem­nach sind, aus­ge­nom­men be­stimm­te Zu­schläge, al­le „Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis“ in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach ih­rer Fällig­keit schrift­lich gel­tend zu ma­chen. Nach Ab­lauf der Frist ist ei­ne Gel­tend­ma­chung grundsätz­lich aus­ge­schlos­sen.



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2. Nach dem Wort­laut des Ta­rif­ver­trags könn­te der in­sol­venz­recht­li­che Rück­for­de­rungs­an­spruch von der ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten­re­ge­lung er­fasst sein. Bei dem Rück­for­de­rungs­an­spruch han­delt es sich nach ty­pi­schem Ta­rif­verständ­nis um ei­nen „An­spruch aus dem Ar­beits­verhält­nis“.

a) „Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis“ im Sinn ei­ner ta­rif­li­chen Aus­schluss­klau­sel sind grundsätz­lich al­le denk­ba­ren Ansprüche, die mit dem Ar­beits­verhält­nis in ei­nem Zu­sam­men­hang ste­hen. Es kommt nur dar­auf an, ob der be­tref­fen­de Le­bens­vor­gang ei­ne en­ge Ver­knüpfung mit dem Ar­beits­verhält­nis auf­weist. Be­reits im Wort­laut „An­spruch aus dem Ar­beits­verhält­nis“ wird deut­lich, dass An­spruchs­grund­la­ge für den An­spruch nicht der Ar­beits­ver­trag sein muss. Denn es wird nicht auf ar­beits­ver­trag­li­che Ansprüche ab­ge­stellt. Er­for­der­lich ist le­dig­lich, dass das Ar­beits­verhält­nis die Grund­la­ge für den An­spruch bil­det. Un­ter die Ver­fall­klau­sel fal­len dem­nach al­le Ansprüche, die sich aus den Be­zie­hun­gen zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer er­ge­ben oder die in eng mit dem Ar­beits­verhält­nis ver­bun­de­nen recht­li­chen Be­zie­hun­gen zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ih­ren Ent­ste­hungs­grund ha­ben (BAG 18. De­zem­ber 2008 - 8 AZR 105/08 - Rn. 45, 46 zu dem ge­setz­li­chen Scha­dens­er­satz­an­spruch des § 717 Abs. 2 ZPO). Auf die ma­te­ri­ell-recht­li­che An­spruchs­grund­la­ge kommt es nicht an (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39; 21. Ja­nu­ar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19). Zu den Ansprüchen aus dem Ar­beits­verhält­nis zählen we­gen des ein­heit­li­chen Le­bens­vor­gangs nicht nur ver­trag­li­che Erfüllungs- und Scha­dens­er­satz­ansprüche, son­dern auch sol­che aus un­er­laub­ter Hand­lung (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 41, BA­GE 122, 304).


b) Nach die­sen Maßstäben han­delt es sich nach dem ta­rif­li­chen Wort­laut auch bei dem Rück­for­de­rungs­an­spruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 In­sO um ei­nen „An­spruch aus dem Ar­beits­verhält­nis“. Die Vor­schrift ist Teil des in den §§ 129 ff. In­sO ge­re­gel­ten In­sol­venz­an­fech­tungs­rechts. Was durch die an­fecht­ba­re Hand­lung aus dem Vermögen des Schuld­ners veräußert, weg­ge­ge­ben oder auf­ge­ge­ben ist, muss gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 In­sO zur In­sol­venz­mas­se zurück­gewährt wer­den. Der Ge­mein­sa­me Se­nat der obers­ten Ge­richtshöfe
 


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des Bun­des hat ent­schie­den, dass der Rechts­weg zu den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG bezüglich ei­nes strei­ti­gen An­spruchs des In­sol­venz­ver­wal­ters nach § 143 Abs. 1 In­sO auf Rück­zah­lung von Ar­beits­vergütung eröff­net ist, weil es sich um ei­ne Rechts­strei­tig­keit aus dem Ar­beits­verhält­nis han­delt (GmS-OGB 27. Sep­tem­ber 2010 - GmS-OGB 1/09 - Rn. 10 ff., BGHZ 187, 105). Der An­spruch sei auf die Rück­ab­wick­lung ei­ner ar­beits­recht­li­chen Leis­tungs­be­zie­hung ge­rich­tet. Die Ent­schei­dung des Ge­mein­sa­men Se­nats hat sich zwar le­dig­lich mit der Fra­ge des Rechts­wegs be­fasst. Die in die­sem Rah­men auf­ge­zeig­te en­ge Ver­knüpfung des Rück­for­de­rungs­an­spruchs mit dem Ar­beits­verhält­nis gilt aber auch bezüglich der Ein­ord­nung als „An­spruch aus dem Ar­beits­verhält­nis“ im Sinn ei­ner ent­spre­chend for­mu­lier­ten Aus­schluss­fris­ten­re­ge­lung. Der Um­stand, dass es sich bei § 143 Abs. 1 Satz 1 In­sO um ei­nen ge­setz­li­chen An­spruch han­delt, steht ei­ner sol­chen Ein­or­dung nicht ent­ge­gen. Wie dar­ge­legt, un­ter­fal­len auch ge­setz­li­che Schuld­verhält­nis­se und de­lik­ti­sche Ansprüche grundsätz­lich ei­ner ent­spre­chend for­mu­lier­ten Aus­schluss­fris­ten­re­ge­lung.


3. Der in­sol­venz­recht­li­che Rück­for­de­rungs­an­spruch un­terfällt ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten den­noch nicht. Er steht außer­halb der Re­ge­lungs­macht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en.


a) Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Ko­ali­tio­nen in ih­ren Betäti­gun­gen zur Förde­rung der Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen. Der den Ko­ali­tio­nen über­las­se­ne Teil der hierfür er­for­der­li­chen Re­ge­lun­gen be­zieht sich auf sol­che Ma­te­ri­en, die sie in ei­ge­ner Ver­ant­wor­tung zu ord­nen vermögen. Da­zu gehören vor al­lem das Ar­beits­ent­gelt und die an­de­ren ma­te­ri­el­len Ar­beits­be­din­gun­gen, wie et­wa Ar­beits- und Ur­laubs­zei­ten, so­wie nach Maßga­be von Her­kom­men und Üblich­keit wei­te­re Be­rei­che des Ar­beits­verhält­nis­ses, außer­dem dar­auf be­zo­ge­ne so­zia­le Leis­tun­gen und Ein­rich­tun­gen (BVerfG 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 94, 268). In­ner­halb des Zuständig­keits­be­reichs der Ko­ali­tio­nen gewährt Art. 9 Abs. 3 GG den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ein Norm­set­zungs­recht, aber kein Norm­set­zungs­mo­no­pol. Nach Art. 74 Abs. 1
 


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Nr. 12 GG bleibt der Ge­setz­ge­ber be­fugt, das Ar­beits­recht zu re­geln (BAG 9. De­zem­ber 2009 - 7 AZR 399/08 - Rn. 29, BA­GE 132, 344).


Ta­rif­nor­men sind Teil der Rechts­ord­nung und dürfen nicht ge­gen vor­ran­gi­ges Recht ver­s­toßen. Vor­ran­gig ist je­des staat­li­che zwin­gen­de Recht, da ihm höhe­rer Rang zu­kommt als den Ta­rif­verträgen (BAG 26. Sep­tem­ber 1984 - 4 AZR 343/83 - BA­GE 46, 394; Löwisch/Rieb­le TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 509; vgl. auch Däubler/Schiek TVG 3. Aufl. Ein­lei­tung Rn. 309). Über­schrei­ten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en die Gren­zen der ta­rif­li­chen Rechts­set­zungs­be­fug­nis, so ist die Rechts­norm un­wirk­sam. Reicht das höher­ran­gi­ge Recht al­ler­dings nicht so weit wie der Ta­rif­ver­trag, sind die Rechts­nor­men des Ta­rif­ver­trags nur in­so­weit un­wirk­sam, wie sie dem höher­ran­gi­gen Recht wi­der­spre­chen (ErfK/Fran­zen 13. Aufl. § 1 TVG Rn. 52 mwN).


b) Bezüglich der An­wend­bar­keit ta­rif­li­cher Aus­schluss­fris­ten auf den in­sol­venz­recht­li­chen Rück­for­de­rungs­an­spruch hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt be­reits ent­schie­den, dass die­ser An­spruch des In­sol­venz­ver­wal­ters kei­ner ta­rif­ver­trag­li­chen Aus­schluss­frist un­terfällt. Gemäß § 1 Abs. 1 TVG er­streckt sich die nor­ma­ti­ve Re­ge­lungs­macht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en nur auf den In­halt, den Ab­schluss und die Be­en­di­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen so­wie die Ord­nung be­trieb­li­cher und be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Fra­gen. Die §§ 129 ff. In­sO be­gründen dem­ge­genüber ein ge­setz­li­ches Schuld­verhält­nis oh­ne je­de Rück­sicht auf ein in der In­sol­venz fort­be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis oder ein frühe­res Ar­beits­verhält­nis zum In­sol­venz­schuld­ner. Ein der­ar­ti­ges ge­setz­li­ches Schuld­verhält­nis steht außer­halb der Re­ge­lungs­macht der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en (BAG 19. No­vem­ber 2003 - 10 AZR 110/03 - zu B II 3 der Gründe, BA­GE 108, 367).


An die­ser Recht­spre­chung ist auch nach der zur Rechts­weg­fra­ge er­gan­ge­nen Ent­schei­dung des Ge­mein­sa­men Se­nats der obers­ten Ge­richtshöfe des Bun­des vom 27. Sep­tem­ber 2010 (- GmS-OGB 1/09 - BGHZ 187, 105) fest­zu­hal­ten (aA Söhl Ar­bRAk­tu­ell 2012, 409; Nun­geßer NZI 2012, 704, 707). Zwar ist es rich­tig, dass Ta­rif­ver­trags­par­tei­en bezüglich „zahl­rei­cher“ ge­setz­lich be­gründe­ter Ansprüche ei­ne Frist für die Gel­tend­ma­chung re­geln können (so Band­te FS Beuthi­en S. 401, 406). Dies gilt aber nicht, wenn der Ge­setz­ge­ber
 


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ein mit Aus­schluss­fris­ten un­ver­ein­ba­res, in sich ge­schlos­se­nes Re­ge­lungs­sys­tem vor­ge­ge­ben hat, wel­ches den Be­son­der­hei­ten der Ma­te­rie Rech­nung trägt und we­gen des Ziels der ab­sch­ließen­den Ge­samt­re­ge­lung zwin­gen­den Cha­rak­ter auf­weist. So hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt bezüglich der Gel­tend­ma­chung von Kon­kurs­for­de­run­gen be­reits ent­schie­den, dass hierfür ein be­son­de­res Ver­fah­ren (§§ 138 ff. KO) vor­ge­se­hen sei und ta­rif­li­che Aus­schluss­fris­ten mit die­sen ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen nicht ver­ein­bar sei­en. Sol­che Ta­rif­be­stim­mun­gen ver­s­toßen ge­gen zwin­gen­des Ge­set­zes­recht (vgl. BAG 18. De­zem­ber 1984 - 1 AZR 588/82 - zu II 3 b der Gründe, BA­GE 47, 343; 12. Ju­ni 2002 - 10 AZR 199/01 - zu II 1 d aa der Gründe). Glei­ches gilt für die Re­ge­lun­gen bezüglich der In­sol­venz­an­fech­tung gemäß §§ 129 ff. In­sO. Das An­fech­tungs­recht ist ein In­sti­tut des ein­heit­li­chen In­sol­venz­ver­fah­rens. Bei Schaf­fung der In­sol­venz­ord­nung ging der Ge­setz­ge­ber da­von aus, dass das An­fech­tungs­recht sei­ne Zwe­cke bis­lang nur un­voll­kom­men erfüll­te. Der Durch­set­zung von An­fech­tungs­ansprüchen stünden prak­ti­sche Schwie­rig­kei­ten ent­ge­gen, die da­zu geführt hätten, dass vom An­fech­tungs­recht nur in ge­rin­gem Um­fang Ge­brauch ge­macht wer­de (BT-Drucks. 12/3803 S. 56). Die Durch­setz­bar­keit des An­fech­tungs­an­spruchs soll­te da­durch er­leich­tert wer­den, dass die Aus­schluss­frist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KO zu ei­ner Verjährungs­frist um­ge­stal­tet wur­de (BT-Drucks. 12/2443 S. 156, 157). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 19. No­vem­ber 2003 (- 10 AZR 110/03 - zu B II 3 der Gründe, BA­GE 108, 367) be­reits dar­auf hin­ge­wie­sen, dass § 41 Abs. 1 KO ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten vor­ging und es kei­ner­lei An­halts­punk­te dafür gibt, dass der Ge­setz­ge­ber dar­an et­was ändern woll­te, in­dem er mit § 146 In­sO zu ei­ner Verjährungs­frist über­ging. Dies ist un­verändert zu­tref­fend (Ries ZIn­sO 2012, 1751, 1752). Die An­wend­bar­keit ta­rif­li­cher Aus­schluss­fris­ten würde ent­ge­gen der Ab­sicht des Ge­setz­ge­bers die Ausübung des An­fech­tungs­rechts er­schwe­ren und wäre gleich­sam ein Fremdkörper im re­for­mier­ten An­fech­tungs­recht. Die in­sol­venz­recht­li­chen An­fech­tungs­re­ge­lun­gen sind zwin­gen­des Recht, in wel­ches die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en auch nicht in­di­rekt ein­grei­fen dürfen. Die Verjährungs­re­ge­lung des § 146 In­sO nor­miert ei­ne ab­sch­ließen­de zeit­li­che Be­gren­zung des An­fech­tungs­rechts (eben­so Uh­len­bruck/Hir­te 13. Aufl. § 146 In­sO Rn. 1; Münch-
 


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Kom­mIn­sO/Kirch­hof 3. Aufl. § 146 Rn. 5; Fro­eh­ner NZI 2012, 833, 834; Hum­berg NZI 2013, 733, 735; Stil­ler ZIn­sO 2012, 869, 872; Kreft in HK-In­sO 6. Aufl. § 146 Rn. 6).


II. Die Re­vi­si­on rügt auch be­gründet ei­ne Ver­let­zung des § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts stel­len im We­ge der Zwangs­voll­stre­ckung bei­ge­trie­be­ne Beträge in­kon­gru­en­te De­ckun­gen dar.

1. Nach § 129 Abs. 1 In­sO kann der In­sol­venz­ver­wal­ter nach Maßga­be der §§ 130 bis 146 In­sO Rechts­hand­lun­gen an­fech­ten, die vor der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens vor­ge­nom­men wor­den sind und die In­sol­venzgläubi­ger be­nach­tei­li­gen. An­fecht­bar ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO ei­ne Rechts­hand­lung, die ei­nem In­sol­venzgläubi­ger ei­ne Si­che­rung oder Be­frie­di­gung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu be­an­spru­chen hat­te, wenn die Hand­lung in­ner­halb des zwei­ten oder drit­ten Mo­nats vor dem Eröff­nungs­an­trag vor­ge­nom­men wor­den ist und der Schuld­ner zur Zeit der Hand­lung zah­lungs­unfähig war. § 131 In­sO re­gelt in Ab­gren­zung zu § 130 In­sO Fälle sog. in­kon­gru­en­ter De­ckung.


2. Der Gläubi­ger hat ei­ne Be­frie­di­gung nicht nur dann nicht „in der Art“ zu be­an­spru­chen, wenn er an Stel­le der Leis­tung, die er zu for­dern hat, in der kri­ti­schen Zeit ei­ne an­de­re, nicht ge­schul­de­te Leis­tung erhält. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts und des Bun­des­ge­richts­hofs hat­te der Gläubi­ger auch ei­ne während die­ser Zeit im We­ge der Zwangs­voll­stre­ckung er­lang­te Be­frie­di­gung nicht „in der Art“ zu be­an­spru­chen.

a) Der das In­sol­venz­ver­fah­ren be­herr­schen­de Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ver­drängt das Prio­ritätsprin­zip der Ein­zelzwangs­voll­stre­ckung be­reits in dem durch die §§ 130 bis 132 In­sO be­son­ders geschütz­ten Zeit­raum. Die­ses Prin­zip, das ei­nen „Wett­lauf der Gläubi­ger“ be­dingt, führt nur so lan­ge zu mit dem Zweck des In­sol­venz­ver­fah­rens im Ein­klang ste­hen­den Er­geb­nis­sen, wie für die zurück­ge­setz­ten Gläubi­ger noch die Aus­sicht be­steht, sich aus an­de­ren Vermögens­ge­genständen des Schuld­ners zu be­frie­di­gen. Zwar wird der
 


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Gleich­be­hand­lungs­grund­satz der Gläubi­ger in der Un­ter­neh­mens­kri­se auch dann durch­bro­chen, wenn der Schuld­ner in­ner­halb der Drei­mo­nats­frist des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 In­sO oder nach dem Eröff­nungs­an­trag frei­wil­lig zahlt und der Gläubi­ger von der Zah­lungs­unfähig­keit oder dem Eröff­nungs­an­trag we­der Kennt­nis hat­te noch aus den Umständen auf ei­ne sol­che schließen muss­te. In die­sem Fall darf der Gläubi­ger die Leis­tung be­hal­ten, während an­de­re Gläubi­ger mit ih­ren eben­falls fälli­gen For­de­run­gen leer aus­ge­hen. Die ge­genüber § 130 Abs. 1 In­sO verschärf­te Haf­tung nach § 131 Abs. 1 In­sO recht­fer­tigt sich je­doch dar­aus, dass der Gläubi­ger, der staat­li­che Zwangs­maßnah­men in An­spruch nimmt oder an­droht, an­ders als der Gläubi­ger, der ei­ne frei­wil­li­ge Zah­lung ent­ge­gen­nimmt, ak­tiv auf das zur Be­frie­di­gung al­ler Gläubi­ger un­zu­rei­chen­de Vermögen des Schuld­ners zu­greift und zu­gleich an­de­re Gläubi­ger von ei­nem sol­chen Zu­griff aus­sch­ließt. In der Un­ter­neh­mens­kri­se soll ei­ne Un­gleich­be­hand­lung der Gläubi­ger nicht mehr durch den Ein­satz von oder die Dro­hung mit staat­li­chen Macht­mit­teln er­zwun­gen wer­den. Der Ein­satz die­ser Mit­tel nimmt der Leis­tung des Schuld­ners aus ob­jek­ti­ver Sicht den Cha­rak­ter der Frei­wil­lig­keit. Muss der Gläubi­ger den Schuld­ner durch die Dro­hung mit der Zwangs­voll­stre­ckung zur Leis­tung zwin­gen, liegt der Ver­dacht na­he, dass der Schuld­ner nicht zah­lungsfähig ist. Ei­ne sol­che Leis­tung ist nicht in­sol­venz­fest (BAG 19. Mai 2011 - 6 AZR 736/09 - Rn. 16; 31. Au­gust 2010 - 3 ABR 139/09 - Rn. 16; vgl. auch BGH 9. Sep­tem­ber 1997 - IX ZR 14/97 - zu II 1 a der Gründe, BGHZ 136, 309; 7. De­zem­ber 2006 - IX ZR 157/05 - Rn. 15; 17. Ju­ni 2010 - IX ZR 134/09 - Rn. 8; 20. Ja­nu­ar 2011 - IX ZR 8/10 - Rn. 6; 24. Mai 2012 - IX ZR 96/11 - Rn. 2).


b) Die­se Recht­spre­chung, wo­nach die in der kri­ti­schen Zeit durch (Dro­hung mit) Zwangs­voll­stre­ckung er­lang­te Erfüllung auch dann ei­ne in­kon­gru­en­te De­ckung iSv. § 131 Abs. 1 In­sO dar­stellt, wenn der Gläubi­ger kei­ne Kennt­nis von der Zah­lungs­unfähig­keit des Schuld­ners oder vom Eröff­nungs­an­trag hat­te, ist durch den Ge­setz­ge­ber le­gi­ti­miert. Dies hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts mit Blick auf die Dis­kus­si­on im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren be­reits ein­ge­hend be­gründet (BAG 31. Au­gust 2010 - 3 ABR 139/09 - Rn. 22 f.; vgl.
 


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Be­schluss­emp­feh­lung des Rechts­aus­schus­ses des Deut­schen Bun­des­tags, BT-Drucks. 16/3844 S. 11).


c) Die dar­ge­stell­te Recht­spre­chung ist in der Li­te­ra­tur über­wie­gend auf Zu­stim­mung ges­toßen (vgl. Münch­Kom­mIn­sO/Kay­ser 3. Aufl. § 131 Rn. 26; Kreft in HK-In­sO 6. Aufl. § 131 Rn. 9; Uh­len­bruck/Hir­te 13. Aufl. § 131 In­sO Rn. 20; Hu­ber in Graf-Schli­cker In­sO 3. Aufl. § 131 Rn. 8, 9).

3. Die Kri­tik der Kläge­rin und des Lan­des­ar­beits­ge­richts über­zeugt nicht. 


a) So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt ei­ne Ent­wer­tung des Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­rens an­nimmt, über­sieht es, dass der Grund­satz der gleichmäßigen Gläubi­ger­be­frie­di­gung (§ 1 Satz 1 Alt. 1 In­sO) not­wen­dig vor­aus­setzt, ei­nen Zeit­punkt fest­zu­le­gen, zu dem das die Ein­zelzwangs­voll­stre­ckung be­herr­schen­de Prio­ritätsprin­zip, wie es zB in § 804 Abs. 3 ZPO Aus­druck fin­det, zurück­zu­tre­ten hat. Es ist al­so zu be­stim­men, wie lan­ge der Staat sei­ne Zwangs¬mit­tel zur Verfügung stellt, um Si­che­run­gen und Be­frie­di­gun­gen zu ermögli­chen, die ei­ner gleichmäßigen Gläubi­ger­be­frie­di­gung ent­ge­gen­ste­hen (vgl. BAG 31. Au­gust 2010 - 3 ABR 139/09 - Rn. 26). Letzt­lich ist das In­ter­es­se ei­nes ein­zel­nen Gläubi­gers an der Durch­set­zung sei­nes An­spruchs ins Verhält­nis zur gleichmäßigen Gläubi­ger­be­frie­di­gung zu set­zen. Der Ge­setz­ge­ber hat mit § 141 In­sO da­bei klar­ge­stellt, dass die An­fech­tung nicht da­durch aus­ge­schlos­sen wird, dass die Hand­lung durch Zwangs­voll­stre­ckung er­wirkt wor­den ist. So­weit die Kläge­rin und das Lan­des­ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­hen, dass nach Ab­schluss des Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­rens „Rechts­si­cher­heit und da­mit Rechts­frie­den“ ein­tre­ten soll, ver­ken­nen sie, dass der Ge­setz­ge­ber der Zwangs­voll­stre­ckung im Fall ei­nes (späte­ren) In­sol­venz­ver­fah­rens die­sen Stel­len­wert für den de­fi­nier­ten Zeit­raum der Kri­se ge­ra­de nicht bei­ge­mes­sen hat.


b) Dies zei­gen auch die Re­ge­lun­gen in § 88 In­sO und § 89 Abs. 1 In­sO. Die dar­ge­stell­te Recht­spre­chung steht hier­zu nicht im Wi­der­spruch.


aa) Hat ein In­sol­venzgläubi­ger im letz­ten Mo­nat vor dem An­trag auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens oder nach die­sem An­trag durch Zwangs­voll­st­re-


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ckung ei­ne Si­che­rung an dem zur In­sol­venz­mas­se gehören­den Vermögen des Schuld­ners er­langt, so wird die­se Si­che­rung mit der Eröff­nung des Ver­fah­rens gemäß § 88 In­sO un­wirk­sam.

Die­se sog. Rück­schlags­per­re ergänzt nach ih­rer Funk­ti­on das Recht der In­sol­venz­an­fech­tung (Brei­tenbücher in Graf-Schli­cker In­sO 3. Aufl. § 88 Rn. 1). Der Ge­setz­ge­ber hat sich für ei­ne Kom­bi­na­ti­on von An­fech­tung und Rück­schlags­per­re ent­schie­den. Die Rück­schlags­per­re be­deu­tet ei­ne ver­fah­rensmäßige Er­leich­te­rung, die sich ins­be­son­de­re im Ver­fah­ren oh­ne In­sol­venz­ver­wal­ter aus­wirkt (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 137). Oh­ne dass die an­fech­tungs­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein müssen, ver­hin­dert die Vor­schrift, dass sich ein­zel­ne Gläubi­ger in dem be­son­ders kri­ti­schen Zeit­raum vor Ver­fah­ren­seröff­nung noch Vor­zugs­rech­te durch Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men ver­schaf­fen. Zu­dem eröff­net sie die Möglich­keit, bei sa­nie­rungsfähi­gen Un­ter­neh­men das durch Zwangs­voll­stre­ckun­gen blo­ckier­te Vermögen frei­zu­be­kom­men (Uh­len­bruck/Uh­len­bruck 13. Aufl. § 88 In­sO Rn. 1). Die dar­ge­stell­te Recht­spre­chung zum An­fech­tungs­recht greift in die Funk­ti­on des § 88 In­sO nicht ein.


bb) Das in § 89 Abs. 1 In­sO be­stimm­te Voll­stre­ckungs­ver­bot während der Dau­er des In­sol­venz­ver­fah­rens si­chert die vor­han­de­ne Mas­se und die Be­frie­di­gung der In­sol­venzgläubi­ger nach den Grundsätzen des In­sol­venz­ver­fah­rens. Dem­ge­genüber hat das In­sol­venz­an­fech­tungs­recht die Auf­ga­be, den Be­stand des den Gläubi­gern haf­ten­den Schuld­ner­vermögens da­durch wie­der­her­zu­stel­len, dass be­stimm­te, als un­ge­recht­fer­tigt ge­wer­te­te Vermögens­ver­schie­bun­gen rückgängig ge­macht wer­den (Kreft in HK-In­sO 6. Aufl. § 129 Rn. 1 mwN). Die §§ 129 ff. In­sO und das Voll­stre­ckungs­ver­bot des § 89 Abs. 1 In­sO wei­sen un­ter­schied­li­che, auf­ein­an­der ab­ge­stimm­te Re­ge­lungs­ge­genstände auf. In die­se Sys­te­ma­tik wird durch die An­nah­me ei­ner in­kon­gru­en­ten De­ckung bei Leis­tun­gen auf­grund Zwangs­voll­stre­ckung nicht ein­ge­grif­fen.


c) Der Hin­weis der Kläge­rin auf § 21 Abs. 2 Nr. 3 In­sO führt nicht wei­ter. Nach die­ser Vor­schrift kann das In­sol­venz­ge­richt Maßnah­men der Zwangs­voll­stre­ckung ge­gen den Schuld­ner un­ter­sa­gen oder einst­wei­len ein­stel­len, so­weit nicht un­be­weg­li­che Ge­genstände be­trof­fen sind. Hier­bei han­delt es sich gemäß
 


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§ 21 Abs. 1 In­sO al­ler­dings um vorläufi­ge Maßnah­men zur Verhütung ei­ner den Gläubi­gern nach­tei­li­gen Verände­rung in der Vermögens­la­ge des Schuld­ners vor der Ent­schei­dung über den An­trag auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens. Trifft das In­sol­venz­ge­richt ei­ne sol­che Maßnah­me, er­folgt kei­ne Zwangs­voll­stre­ckung. Dann stellt sich die hier strei­ti­ge Pro­ble­ma­tik nicht. Un­ter­bin­det das Ge­richt die Zwangs­voll­stre­ckung nicht, gel­ten die be­reits dar­ge­stell­ten Re­ge­lun­gen. Bis zum Ein­grei­fen des Voll­stre­ckungs­ver­bots gemäß § 89 In­sO sind Zwangs­voll­stre­ckun­gen zulässig. Sie können aber gemäß § 88 In­sO un­wirk­sam oder gemäß §§ 129 ff. In­sO an­fecht­bar sein (§ 141 In­sO).

d) Der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht ver­letzt. Wie be­reits dar­ge­stellt, er­for­dert der Grund­satz der gleichmäßigen Gläubi­ger­be­frie­di­gung die Be­stim­mung ei­nes Zeit­punkts, zu dem das die Ein­zelzwangs­voll­stre­ckung be­herr­schen­de Prio­ritätsprin­zip zurück­zu­tre­ten hat. Mit der er­leich­ter­ten An­fecht­bar­keit wer­den zu­dem im Zeit­punkt ma­te­ri­el­ler In­sol­venz, die an sich ei­ne An­wen­dung des Grund­sat­zes der gleichmäßigen Gläubi­ger­be­frie­di­gung er­for­dert, aus der Voll­stre­ckungsmöglich­keit re­sul­tie­ren­de Son­der­vor­tei­le be­sei­tigt (BAG 31. Au­gust 2010 - 3 ABR 139/09 - Rn. 26).


III. Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts stellt sich auch nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig dar (§ 561 ZPO).

1. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei den in der Zwangs­voll­stre­ckung er­brach­ten Leis­tun­gen der Schuld­ne­rin um sog. Bar­geschäfte gemäß § 142 In­sO han­deln würde und die dann al­lein in Be­tracht kom­men­den Vor­aus­set­zun­gen des § 133 Abs. 1 In­sO nicht ge­ge­ben wären. Dies ist aber nicht der Fall. Es lie­gen kei­ne Bar­geschäfte vor, da es sich um in­kon­gru­en­te De­ckun­gen han­delt.


a) Der Aus­nah­me­re­ge­lung des § 142 In­sO liegt der wirt­schaft­li­che Ge­sichts­punkt zu­grun­de, dass ein Schuld­ner, der sich in der Kri­se be­fin­det, prak­tisch vom Geschäfts­ver­kehr aus­ge­schlos­sen würde, wenn selbst die von ihm ab­ge­schlos­se­nen wertäqui­va­len­ten Bar­geschäfte der An­fech­tung un­terlägen. Ein Bar­geschäft ist nur an­zu­neh­men, wenn der Schuld­ner auf­grund ei­ner Ver­ein­ba­rung mit dem An­fech­tungs­geg­ner im en­gen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit

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sei­ner Leis­tung ei­ne gleich­wer­ti­ge Ge­gen­leis­tung er­hal­ten hat (BGH 23. Sep­tem­ber 2010 - IX ZR 212/09 - Rn. 24; vgl. auch 7. März 2002 - IX ZR 223/01 - zu III 3 c der Gründe, BGHZ 150, 122). Zahlt der Ar­beit­ge­ber in der Kri­se Ar­beits­ent­gelt für vom Ar­beit­neh­mer in den vor­her­ge­hen­den drei Mo­na­ten er­brach­te Ar­beits­leis­tun­gen, liegt nach der Recht­spre­chung des Se­nats grundsätz­lich ein Bar­geschäft vor (vgl. BAG 6. Ok­to­ber 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 17, BA­GE 139, 235). Dies setzt al­ler­dings vor­aus, dass kein Fall in­kon­gru­en­ter De­ckung gemäß § 131 Abs. 1 In­sO vor­liegt. Ein Bar­geschäft setzt ei­ne Ver­ein­ba­rung zwi­schen Schuld­ner und An­fech­tungs­geg­ner über die bei­der­seits zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen vor­aus, die im Fall ei­ner in­kon­gru­en­ten De­ckung - ei­ner Leis­tung, die so nicht ge­schul­det war (§ 131 Abs. 1 In­sO) - ge­ra­de fehlt (st. Rspr. des BGH 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05 - Rn. 10; 8. März 2007 - IX ZR 127/05 - Rn. 22; 7. Mai 2009 - IX ZR 140/08 - Rn. 13; 11. Fe­bru­ar 2010 - IX ZR 104/07 - Rn. 29; 20. Ja­nu­ar 2011 - IX ZR 58/10 - Rn. 18).


b) Im vor­lie­gen­den Fall er­folg­te, wie dar­ge­stellt, ei­ne in­kon­gru­en­te De­ckung iSv. § 131 Abs. 1 In­sO. Folg­lich liegt kein Bar­geschäft gemäß § 142 In­sO und da­mit kei­ne Be­schränkung auf den An­fech­tungs­tat­be­stand des § 133 Abs. 1 In­sO vor.


2. Das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts er­weist sich auch nicht als rich­tig, weil die al­lein in Be­tracht kom­men­de An­fech­tung gemäß § 131 Abs. 1 In­sO aus an­de­ren Gründen nicht möglich ist.


a) Ei­ne An­fecht­bar­keit gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 3 In­sO ist nach dem Par­tei­vor­trag al­ler­dings nicht ge­ge­ben. Vor­aus­set­zung wäre, dass der Kläge­rin als Gläubi­ge­rin zur Zeit der vor­ge­nom­me­nen Hand­lun­gen be­kannt war, dass sie die In­sol­venzgläubi­ger be­nach­tei­lig­te. Die Kennt­nis des An­fech­tungs­geg­ners von ei­ner Gläubi­ger­be­nach­tei­li­gung ist vom In­sol­venz­ver­wal­ter zu be­wei­sen. Die In­kon­gru­enz der De­ckung kann zwar ein gemäß § 286 ZPO zu berück­sich­ti­gen­des Be­weis­an­zei­chen für ei­ne Kennt­nis des An­fech­tungs­geg­ners von ei­ner Gläubi­ger­be­nach­tei­li­gung sein, wenn er wuss­te, dass sich der Schuld­ner in ei­ner fi­nan­zi­ell be­eng­ten La­ge be­fand (BGH 18. De­zem­ber 2003 - IX ZR 199/02 - zu II 2 b bb (3) der Gründe, BGHZ 157, 242). Im vor­lie­gen­den Fall hat der In-
 


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sol­venz­ver­wal­ter zu den Vor­aus­set­zun­gen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 In­sO je­doch kei­nen Vor­trag er­bracht.

b) Ob die Vor­aus­set­zun­gen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO erfüllt sind, kann der Se­nat man­gels hin­rei­chen­der Fest­stel­lun­gen nicht selbst ent­schei­den. Folg­lich ist das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf­zu­he­ben und die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen.


aa) Die gemäß § 129 Abs. 1 In­sO er­for­der­li­che Gläubi­ger­be­nach­tei­li­gung kann trotz Mas­seun­zuläng­lich­keit ge­ge­ben sein (BGH 28. Fe­bru­ar 2008 - IX ZR 213/06 - Rn. 13 f.).


bb) Die zeit­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO sind nach dem Vor­trag der Par­tei­en wohl erfüllt.


(1) § 131 Abs. 1 Nr. 2 In­sO setzt vor­aus, dass die Hand­lung in­ner­halb des zwei­ten oder drit­ten Mo­nats vor dem Eröff­nungs­an­trag vor­ge­nom­men wor­den ist. Er­fasst wer­den auch Rechts­hand­lun­gen Drit­ter ge­gen den Schuld­ner, dies er­gibt sich für Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men schon aus § 141 In­sO (vgl. Hu­ber in Graf-Schli­cker In­sO 3. Aufl. § 129 Rn. 11). Ei­ne Rechts­hand­lung gilt nach § 140 Abs. 1 In­sO als in dem Zeit­punkt vor­ge­nom­men, in dem ih­re recht­li­chen Wir­kun­gen ein­tre­ten. Die Norm bringt den Rechts­ge­dan­ken zum Aus­druck, dass der Zeit­punkt ent­schei­den soll, in dem durch die Hand­lung ei­ne Rechts­po­si­ti­on be­gründet wor­den ist, die bei Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens oh­ne die An­fech­tung be­ach­tet wer­den müss­te (BGH 22. Ja­nu­ar 2004 - IX ZR 39/03 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 157, 350), die Rechts­hand­lung al­so die Gläubi­ger­be­nach­tei­li­gung be­wirkt.

Der Bun­des­ge­richts­hof hat­te be­reits zur Kon­kursan­fech­tung ent­schie­den, dass die Pfändung und Über­wei­sung ei­ner For­de­rung ei­ner­seits und die Zah­lung durch den Dritt­schuld­ner an­de­rer­seits selbstständi­ge Rechts­hand­lun­gen sind (BGH 21. März 2000 - IX ZR 138/99 - zu II 2 der Gründe). Die Pfändung ei­ner be­reits ent­stan­de­nen For­de­rung ist zu dem Zeit­punkt vor­ge­nom­men, in dem der Pfändungs­be­schluss dem Dritt­schuld­ner zu­ge­stellt wird, weil da­mit
 


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ih­re recht­li­chen Wir­kun­gen gemäß § 829 Abs. 3 ZPO ein­tre­ten (vgl. BGH 26. Ju­ni 2008 - IX ZR 87/07 - Rn. 10; 10. Fe­bru­ar 2005 - IX ZR 211/02 - zu II 1 a der Gründe, BGHZ 162, 143). Wird ei­ne Vorpfändung nach § 845 ZPO früher als drei Mo­na­te vor Ein­gang des In­sol­venz­an­trags aus­ge­bracht, fällt aber die Hauptpfändung in den von § 131 Abs. 1 In­sO zeit­lich er­fass­ten Be­reich, rich­tet sich die An­fech­tung ins­ge­samt nach § 131 In­sO (vgl. BGH 23. März 2006 - IX ZR 116/03 - Rn. 12 ff., BGHZ 167, 11). Ei­ne Vorpfändung hat kei­ne Ab­son­de­rungs­kraft gemäß § 50 Abs. 1 In­sO (Münch­Kom­mIn­sO/Gan­ter 3. Aufl. § 50 Rn. 66a).

(2) Der An­trag auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens ging am 10. Mai 2007 beim In­sol­venz­ge­richt ein. Die Drei­mo­nats­frist be­gann so­mit am 10. Fe­bru­ar 2007 (§ 139 Abs. 1 Satz 1 In­sO).

Wie dar­ge­stellt, kommt es nicht auf die Zeit­punk­te der Be­las­tung des Kon­tos der Schuld­ne­rin, dh. der Zah­lung, an. Maßgeb­lich ist die Zu­stel­lung der je­wei­li­gen Pfändungs­be­schlüsse an den Dritt­schuld­ner. Bei ei­ner Kon­tenpfändung ist das kon­toführen­de Kre­dit­in­sti­tut der Dritt­schuld­ner bezüglich des Gut­ha­bens des Schuld­ners. Es bleibt man­gels Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts un­klar, zu wel­chen Zeit­punk­ten die Zu­stel­lun­gen hier er­folg­ten. Die Zah­lung für den Mo­nat De­zem­ber 2006 war nach dem ge­richt­li­chen Ver­gleich aber erst zum 23. Fe­bru­ar 2007 zur Zah­lung fällig, das Zwangs­voll­stre­ckungs-ver­fah­ren kann folg­lich erst in­ner­halb der Drei­mo­nats­frist ein­ge­lei­tet wor­den sein. Die Zah­lung für den No­vem­ber 2006 war hin­ge­gen be­reits zum 2. Fe­bru­ar 2007 fällig. Theo­re­tisch hätte ein Pfändungs­be­schluss noch vor dem 10. Fe­bru­ar 2007 er­wirkt und zu­ge­stellt wer­den können. Der Be­klag­te hat aber un­wi­der­spro­chen be­haup­tet, dass so­gar die Vorpfändun­gen in­ner­halb der letz­ten drei Mo­na­te vor dem In­sol­venz­an­trag aus­ge­bracht wur­den. Hierfür spre­chen auch die An­ga­ben in den Kon­to­auszügen der Schuld­ne­rin, wo­nach die Zah­lun­gen in Er­le­di­gung von Pfändun­gen vom 12. März 2007 und 21. Fe­bru­ar 2007 er­folg­ten. Folg­lich müssen die nach­fol­gen­den Hauptpfändun­gen erst recht nach Be­ginn der Drei­mo­nats­frist er­folgt sein.
 


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cc) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird den­noch zu klären ha­ben, wann die Pfändungs­be­schlüsse zu­ge­stellt wur­den. Es wird fer­ner prüfen müssen, ob die Schuld­ne­rin zur Zeit der Hand­lung, dh. bei Zu­stel­lung der Pfändungs­be­schlüsse, be­reits zah­lungs­unfähig iSd. § 17 Abs. 2 In­sO war (vgl. zu den Vor­aus­set­zun­gen BAG 6. Ok­to­ber 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 23 ff., BA­GE 139, 235). Der Se­nat kann dies nicht be­ur­tei­len. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat - aus sei­ner Sicht kon­se­quent - we­der zum maßgeb­li­chen Zeit­punkt noch zur Zah­lungs­unfähig­keit Fest­stel­lun­gen im Ur­teil ge­trof­fen und auch kei­ne Be­zug­nah­me gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG vor­ge­nom­men. Auch dem Sit­zungs­pro­to­koll sind kei­ne dies­bezügli­chen An­ga­ben zu ent­neh­men (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


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